Die neue Nachhaltigkeit in der Mode

Man könnte sagen das letzte Jahr war ein gutes Jahr. Ein gutes Jahr für die nachhaltige Mode. Das Wort Nachhaltigkeit fand den Platz auf dem Titel der TextilWirtschaft (TW), der Fachzeitschrift der Modebranche in Deutschland, so oft wie noch nie zuvor. Alle sprachen davon, dass eine neue Zeit anbricht, dass sich die Modebranche nun revolutioniert und Nachhaltigkeit endlich Thema wird – von der Unterwäsche bis zu den Sneakern. 

ABOUT YOU, Teil der Otto-Gruppe, streckt seine Finger schon seit längerem nach nachhaltigen Marken und Anbietern aus. Und dann kam Zalando. Zalando, der Moderiese, der seinen Kunden eine 100-tägige Rückgabefrist einräumt, 100 Tage sind in der Mode eine lange Zeit, tatsächlich fast eine ganze Saison. Wenn man in der konventionellen Mode noch in Saisons rechnen kann, gab es früher 2-4 Kollektionen in Jahr, sind es mittlerweile um die 50.

Wird also ein Teil am Anfang der Saison zum vollen Preis gekauft und nach 100 Tage zurückgegeben, landet es schnurstracks im Sale. Wo bleibt da die Nachhaltigkeit?

Easy peasy Nachhaltigkeit

Zalando verkündet im Dezember 2019, dass sie ab jetzt klimaneutral sind. Ein kleiner, aber spürbarer Ruck geht durch die Eco Fashion Branche, denn was haben wir Zalando und anderen Riesen, die folgen werden, entgegen zu setzen? Don’t get us wrong, wir freuen uns, wenn auch die großen Player ihren Fokus mehr und mehr auf umwelt- und sozialverträgliche Produktionsweisen legen, aber nicht, wenn es dabei um Greenwashing geht.

Wenn man sich die Ziele von Zalando dann genauer anschaut:

  • Zalando verpflichtet sich ab heute zur Klimaneutralität für das eigene Geschäft, Lieferungen und Retouren 
  • Zalando will bis 2023 in eigenen Verpackungen Einwegplastik abschaffen
  • das Sortiment der Zalando Eigenmarke ZIGN wird von Schuhen auf Bekleidung erweitert und setzt ab Frühjahr/Sommer 2020 vollständig auf Nachhaltigkeit

kommt die Frage auf, wie kann ein Unternehmen, dass in einer Branche agiert, die an zweiter Stelle, der weltweit größten umweltverschmutzenden Industrien steht – gleich nach der Ölindustrie (so very dirty!) wohlgemerkt – klimaneutral werden? Nachhaltig, während es an den gleichen Produktionsweisen und -rhythmen festhält, die auf Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur beruhen? Genau, man beschränkt die neue Nachhaltigkeit eben nur auf das „eigene Geschäft“, denn was kümmert mich das Geschäft von anderen? Das hat die Modebranche wirklich sehr schlau gemacht, dass müssen wir schon zugeben. Die Kleidungsproduktionen von Modeunternehmen wurden schon lange out-gesourced. So kann mit Produzenten um den Preis gefeilscht werden. Wird der richtige Preis nicht gefunden, wechselt man einfach den Produzenten. Dazu kommt ein weiterer wichtiger Punkt, man muss keinerlei Verantwortung für die Arbeiter, die Umwelt, die gesamte Lieferkette übernehmen. So zählt auch alles, was passiert, bevor Zalando‘s Ware im Lager ankommt nicht zur Klimaneutralität des Unternehmens. Easy!

Putting a green coat on fast fashion

Nachhaltigkeit ist für viele ein sehr dehnbarer Begriff. Nicht für uns. Wir sind seit langer Zeit in der Eco Fashion Branche und wir sehen uns als viel mehr, als ein einfacher Wiederverkäufer. Uns geht es schon immer um die Sache, um Aufklärung und um verantwortungsvolle Partnerschaften. Wir nehmen Ökologie, Fairness und langfristige Beziehungen sehr ernst und so kommen uns auch nur Marken und Materialien in den Laden, die das Thema genauso leben, wie wir. 

Zalando und andere große online Händler handhaben das anders. Dort schafft es selbst ein Shirt, das zu einem geringen Prozentsatz, zum Beispiel aus recycelten Materialien besteht, mit „NACHHALTIGKEIT“ gelabelt zu werden. Und selbst wenn ein Shirt aus Bio-Baumwolle besteht, wo genau sie herkommt, wie sie eingefärbt wurde und ob die Bauern und Näherinnen fair entlohnt wurden, bleibt ein Geheimnis. Ein noch besseres Beispiel ist allerdings, wenn keines der verwendeten Materialien in irgendeiner Form nachhaltig ist. Denn es reicht schon, wenn die Marke Teil einer fragwürdigen Baumwollinitiative ist.

Es geht also darum, Fast Fashion einen grünen Stempel aufzudrücken. Produktionspraktiken und auch Qualität bleiben die gleichen. Der Markt ist noch immer schnell aufeinanderfolgenden Produktionszyklen unterworfen und große Unternehmen kalkulieren mit ein, dass die Teile, die sie produzieren nicht für die Ewigkeit gemacht sind. Schließlich soll die nächste Kollektion auch verkauft werden und die Profite steigen. Das ist ungefähr so, wie wenn ein Land, dank des menschengemachten Klimawandels im Feuer steht, und die Verantwortlichen währenddessen die nächste gigantische Kohlemine planen.

Spread the love

Wir sind, als einer der ersten Concept Stores für nachhaltige Mode in Deutschland seit über zehn Jahren in der Ethischen Mode tätig. In dieser Zeit haben wir viele tolle kleine Labels, die ihre Produkte und die Wertschöpfungskette so nachhaltig wie möglich gestaltet haben kommen und, wahrscheinlich, genau weil sie alles richtig gemacht haben auch wieder gehen sehen. Sie konnten am Markt nicht überleben.

Wir wissen natürlich, dass alles ein Prozess ist und die großen Player nicht von heute auf morgen nachhaltig werden können (vielleicht besser: wollen), aber die Frage ist, wozu will ich als Kunde beitragen? Zu Läden wie dem unseren und der unserer wunderbaren Kollegen, die die Sache wirklich ernst nehmen und neben dem ökologischen und fairen Aspekt noch zusätzlich ein Augenmerk auf Qualität und Langlebigkeit legen, oder will ich Konzerne Unterstützen, die Nachhaltigkeit als einen weit dehnbaren Begriff wahrnehmen?

The choice is yours – spread the #LOVE!

NEONYT – Hub für Mode, Nachhaltigkeit und Innovation

© Messe Frankfurt GmbH / NEONYT Berlin

Manchmal ist unser Ärger einfach groß, gerade in Zeiten wie diesen. Aber es gibt auch etwas Positives zu berichten: Wir freuen uns sehr auf die Fashion Week diese Woche in Berlin! Denn, die wirklich guten Nachrichten in der Modebranche sind, dass die weltweit größte nachhaltige Modemesse NEONYT, die ihre Aufgabe auch sehr ernst nimmt – man könnte sagen, die härteste Tür der Modemessen! – stark wächst. Dort gibt es nicht nur wirklich gute und ehrliche, nachhaltige Kollektionen zu bestaunen, sondern auch eine Vielzahl an Vorträgen und Podiumsdiskussionen, auf die wir besonders hin fiebern! 

Und generell freuen wir uns auf ein weiteres wunderbares Jahr mit euch, denn wir glauben, dass sich am Ende immer das Gute durchsetzt und ihr, unsere Kunden, sehr wohl unterscheiden könnt, wer die Sache mit der Nachhaltigkeit wirklich ernst nimmt. Wenn man mit seinem Konzept seinem Herzen folgt, kann nichts schief gehen, das ist definitiv unser Laerning. Also falls es da draußen jemanden gibt, der einen eigenen Laden eröffnen möchte, wir können dich nur dazu ermutigen – trotz Zalando, ABOUT YOU oder Amazon!

Listen to your heart.

-Nadja Steinbach-

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